Einen allerersten Vorgeschmack auf zukünftig schwierigeres Gelände und Fahrten bekommen wir bei unserem Urlaub in Südpolen.
Über Nacht hat es auf einem erdigen Parkplatz geregnet, am nächsten Morgen war er eine Matsch-Wüste, die so lehmig war, dass wir es nicht mit eigener Kraft schafften, wieder herauszufahren.
Näheres zu unserem Polen-Urlaub sowie ausführliche Fotobücher findet Ihr unter Lupesi Reiseberichte (www.lupesi.de).
Außerdem haben wir unter Media - Videos auch einen Film über den Urlaub.
Aber anbei ein tagebuch-ähnlicher Kurzbericht von Judith.
ABENTEUER SÜDPOLEN
Der Weg von Hamburg in den Süden Polens, in die Waldkarpaten ist weit. Aber dieser äußerste Zipfel Polens verspricht Natur pur. Die Region ist praktisch entvölkert worden aufgrund der Grenzgebietslage, weil nach dem zweiten Weltkrieg die ukrainisch stämmigen Bevölkerung (Bojken und Lemken) umgesiedelt wurde.
Nach einigen Stunden und Staus von Hamburg bis nach Cottbus, haben wir zu später Nachstunde das Vergnügen als erstes von Polen ein altes, kaum befahrbares Stück Autobahn aus den 1930er Jahren kennenzulernen. Unser Westfalia rumpelt bei 70 km über die Strecke und Thomas witzelt, dass Judith so großmundig zuvor von den guten Autobahnen in Polen gesprochen hatte.
Auf unserer Fahrt suchen wir verschiedene Stellplätze, dreimal finden wir einen Campingplatz, die anderen Tage stehen wir frei, da schon viele Plätze geschlossen haben. Es wird allmählich Herbst, kälter und ein alt vertrauter Geruch von Kohleheizungen steigt in unsere Nase. Auch ansonsten bezaubert uns der Süden Polens mit seiner Mischung aus Altem und Neuen. Moderne Gebäude, Reklametafeln an den Straßenrändern wechseln sich mit urtümlichen Holzgebäuden und einfachen Bauernhöfen ab. Hühner picken am Straßenrand, eine Kuh steht angebunden auf einer großen Wiese, eine Bäuerin treibt eine Kuhherde zum Stall, die Kühe gepflegt mit prallen Eutern.
Wir besuchen Oppeln, Poppelau (hier lebte die Familie von Thomas mütterlicherseits vor dem Krieg) und Krakau. Insbesondere Krakau ist eine lebendige, faszinierende Stadt mit einem beeindruckenden Marktplatz, der Wawel Burganlage und dem jüdischen Viertel. Noch nie ist uns die jüdische Geschichte und der Glaube so hautnah und erlebnisreich nahe gebracht worden wie in Krakau, wo wir einige Synagogen besichtigen und in einem jüdischen Restaurant zu Mittag essen.
Danach geht es weiter Richtung Waldkarpaten, dem eigentlichen Ziel unserer Reise. Und wir fahren nochmals ca. 4 Stunden, um die Region zu erreichen. Wer auf anschauliche Weise die Region, Geschichte und Bevölkerung kennenlernen möchte, sollte das Freilichtmuseum in Sanok besichtigen und am besten einen Führer buchen. Der Führer kostet nur 60 PLN und wenn die Gruppe größer ist, wird sich der Betrag geteilt.
Auf der Ikonenroute von Sanok Richtung Komańcza kann man einige alte Holzkirchen kennenlernen lernen. Und wenn man sich wirklich anstrengt, gelingt es einem auch die Kirchen von innen zu sehen. Den Schlüssel bekommt man in der Regel in einem der Nachbarhäuser (näheres dazu in dem Führer „Die Polnischen Waldkarpaten“ von Thorsten Klute, der ohnehin empfehlenswert ist für den Besuch der Region). Der Weg führt schmale Straßen entlang, oftmals wird an ihnen noch gebaut. Häuser liegen weit verstreut im Land und es scheint nur wenige Dorfstrukturen zu geben. Manche Häuser sind noch im Rohbau, andere halbfertig und die alten Holzhäuser vermitteln einem oft das Gefühl, sich im Schwarzwald zu befinden – wenn es hier nicht so viele ausgedehnte Laub- und Mischwälder geben würde.
Der Herbst hat den Wald inzwischen in eine rotgoldene Pracht verwandelt und die an einigen Straßenrändern parkenden Autos weisen auf unzählige Pilzsammler hin. Wir sehen Menschen mit randvollen Körben und lesen nach, dass Pilzsammeln ein Hobby der Polen ist. Am nächsten Tag haben wir auf einer kleinen Bergwanderung auch Glück und finden prachtvolle Steinpilze im alten Buchenwald. Judith, die Pilze liebt, ist hellauf begeistert und neben den Steinpilzen werden auch ein paar Ziegenlippen eingesammelt. Zwei Abende lang werden wir Pilze in Sahnesauce mit Kartoffeln essen.
Weiter geht es Richtung Osten in den äußersten Zipfel des Karpatenlandes nach Muczne, wo wir für den nächsten Tag eine Bergwanderung planen. Kurz vor dem Ort laufen einige Wisente über die Straße. Zur Herbstzeit gibt es kaum noch offene Campingplätze, so dass wir frei stehen müssen. Wir suchen uns einen Parkplatz am Waldrand, der vermutlich von Holzarbeitern angelegt worden war und aus festgefahrener Erde besteht. Eine schlechte Entscheidung, wie wir im Laufe des Abends und des folgenden Morgens noch feststellen. Wir wollen gerade ins Bett gehen, als ein Auto neben uns hält. Vorsichtig blicken wir aus dem Fenster, was wollen die von uns? Es ist ein Grenzpolizeiwagen, im inneren telefonieren die Polizisten. Thomas fasst Mut und macht die Tür auf. Die Polizisten wollen unsere Ausweise sehen und fahren dann weiter. Wir vermuten, dass sie nach Schmugglern suchen und wir wohl einen verdächtigen Eindruck gemacht hatten. Wir hören später noch, dass man in dieser Gegend oftmals kontrolliert wird und immer seine Papiere dabei haben sollte.
Soweit so gut, endlich schlafen wir ein, noch etwas aufgeregt von dem Erlebten. Der Regen prasselt nachts auf unser Autodach. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück wollen wir weiter, um zum Ausgangspunkt der Wanderung zu fahren. Der Blick nach draußen verheißt nichts Gutes, denn der Parkplatz hat sich inzwischen zu einer weich lehmigen Fläche verwandelt. Wir versuchen vorsichtig los zu fahren, aber unsere Räder graben sich tief in den Matsch ein. Nach ein paar Versuchen geben wir auf, denn der Wagen ist nun festgefahren. Es rächt sich, zu glauben mit einem normalen Wagen offroad fahren zu können, hier bräuchten wir Allrad und andere Reifen.
Judith beschließt, zu einem Hotel, dass in 1,5 km Entfernung liegt, zu laufen. Mit Google Translate kann sie sich verständigen und ein Mann aus der Küche holt seinen Geländewagen, ein sehr altes Auto. Aber wir sind glücklich wie geschickt er uns mit dem Abschleppseil aus dem Matsch manövriert.
Aufgrund des herbstlichen, regnerischen Wetters beschließen wir nicht die Bergwanderungen zu machen, da die Berge in Nebel und Regenwolken gehüllt sind. Alternativ wandern wir an der Grenze zur Ukraine entlang, die durch den Fluss San markiert ist. Grenzpfosten und Warnschilder weisen darauf hin, dass wir den Weg nicht verlassen dürfen. Der San ist recht flach und könnte leicht durchquert werden. Unser Ziel ist der Friedhof eines verlassenen Dorfes, aus dem die Bewohner vertrieben worden sind. Außer dem Friedhof weist nichts mehr auf das Dorf hin und wir stellen uns vor, wie dies die Heimat von Menschen war, deren Nachfahren inzwischen in der Ukraine leben.
Es gibt unzählige Wandermöglichkeiten in dieser Gegend. Wir fahren Richtung Lutowiska, übernachten dort auf dem Kirchplatz und wandern am nächsten Tag in den niedrigeren Bergen, da die höheren immer noch wolkenverhangen sind. Hinweisschilder, die vor Bären warnen, begeistern Thomas. Wir entdecken aber nur einige Vögel und abermals Pilze. In den Otryt Wyzny Bergen sehen wir eine Aussteiger-Kate, Chata Sociologa, in der man auch als Selbstversorger über Nacht bleiben kann.
Die Touristenroute über Wetlina und Smerek ist weniger einsam, sehen wir hier doch zahlreiche Hütten, Souvenirläden und Restaurants und sogar Reisebusse. Trotzdem können wir das Restaurant mit dem lustigen Namen Pawel Nie Całkiem Święty (der Paul ist nicht ganz so heilig) empfehlen, essen wir dort sehr gut und wie auch sonst in Polen äußerst günstig.